Weißbier-Einschenken

von Dieter Bollmann

Für ein fachgerecht eingeschenktes Weizenbier muss man größte Sorgfalt walten lassen. Schon die Auswahl der Zutat muss wohlüberlegt sein: Je nach Brauerei ist wenig oder sehr viel Hefe enthalten. Eine alte Bauernregel sagt: Hefe macht schön. Es gibt aber auch das Kristallweizen ohne Hefe (und nur hier ist eine Zitronenscheibe erlaubt), oder als logischen Widerspruch das schwarze Weißbier. Ich empfehle eine Entdeckungsreise durch die vielen kleinen Privatbrauereien.
Nimm sodann ein wohlgeformtes Weißbierglas zur Hand, lege den Flaschenöffner und für den Notfall einen Putzlumpen bereit und schwenke es kurz mit kaltem Wasser aus. Beim Öffnen der Flasche erkennt das geübte Ohr bereits das Temperament des Bieres. Es kann lustlos, spritzig, überschäumend oder jähzornig sein. Dann halte das Glas horizontal, leicht nach unten, damit das überflüssige Wasser abtropft. Wir wollen ja nicht panschen. Ergreife nun die Flasche im unteren Drittel, konzentriere dich und stürze sie mit einer entschlossenen, aber geschmeidigen Bewegung in den Schlund vom Glas. Jetzt gibt es kein Zurück mehr. Lass dich nicht durch hämische Kommentare der Zuschauer verunsichern. Flasche und Glas werden nun behutsam aufgerichtet und auseinandergezogen. Dabei soll der Flaschenhals nur wenig in den Schaum eintauchen. So wird der überflüssige Schaum in den entstehenden Hohlraum der Flasche eingesaugt und man hat den doppelten Platz zur Verfügung.

Sobald die Schaumkrone den Glasrand erreicht, setze die Flasche ab und beobachte sorgfältig das Aufblühen der Blume. Hohe Kunstfertigkeit erfordert das Ausgestalten der Schaumkrone. Im Idealfall ist sie hoch und in der Mitte etwas vertieft. Der Schaum soll aus kleinen, festen Blasen bestehen und soll nicht überlaufen. Abhängig von der Triebkraft der Kohlensäure und den Lagerbedingungen musst du dir mit dem Nachgießen des Noagerls aus der Flasche etwas Zeit lassen oder durch schwungvolles Schütten ein bisserl nachhelfen.
Sodann holst du den Bodensatz der Hefe heraus. Da gibt es verschiedene Rituale. Manche drehen die Flasche wie eine Knetgummiwurst zwischen den Händen, andere klopfen wie bei einem Baby, das ein Kopperl machen soll auf den Flaschenboden und wieder andere schütteln die Flasche wie eine Glocke heftig hin und her. Wichtig ist nur, dass kein wertvoller Tropfen verschwendet wird.

Nun ist das Weißbier vollendet für den ersten genießerischen Schluck. Ein kleiner weißer Schaumtropfen auf der Nasenspitze ist das i-Tüpfelchen eines guten Weizens.      Prost!
 

zurück